
Nachdem ich nun in meinen Beiträgen über Miami und die dortigen Erlebnisse mit der Corvette berichtet habe, möchte ich es nicht versäumen, hier auch ein wenig über die Erfahrungen mit diesem Auto in Deutschland zu berichten.
Richtig gelesen. Nachdem dieses Auto in den USA überzeugen konnte, konnten wir es uns nicht nehmen lassen auch eine Corvette in unseren heimischen Fuhrpark aufzunehmen.
Im Oktober 2016 nahmen wir unsere neue Corvette beim Geiger in München in Empfang. Corvette Stingray, Modelljahr 2016, Ice Silver, Innenraum Adrenalin Red, 8 Gang Automatik, Z51 Paket usw..
Zuerst galt es die Einfahrphase hinter sich zu bringen inklusive eines Ölwechsels bei ca. 1000km. Und dann stand auch schon der Winter vor der Tür. Soll man die Corvette im Winter fahren? Ja? Nein? Diese Frage stellte sich nicht wirklich. Bisher haben wir doch jedes Auto im Winter bewegt. Warum sollte man das mit einer Corvette nicht tun?
Grundlage dafür waren dann aber doch Winterreifen. Hier kommt man dann schnell in Probleme. Es gibt so gut wie keine Felgen mit ABE für die Corvette. Wenn dann muss man sich den Original Felgen oder sündhaft teuren Modellen bedienen. Für den Winter auch nicht die erste Wahl – zumal sie mir optisch auch alle nicht wirklich gefallen haben. Also blieb erstmal nur die Möglichkeit, die Winterreifen auf die vorhandenen Felgen der Sommerreifen aufzuziehen.
Als Reifen kam der Michelin Pilot Alpin zum Einsatz. Als Sommerreifen ist der Michelin Pilot Supersport aufgezogen.
Gemeinsam mit den sehr guten Michelin Winterreifen bietet die Corvette hervorragende Winter Eigenschaften. Traktion und Farverhalten sind extrem gut, natürlich Traktion immer gemessen am Heckantrieb. Ich bin problemlos überall hin und weg gekommen – ob Schnee, Matsch oder Eis. Das relativ niedrige Gewicht des Autos, der niedrige Schwerpunkt und das gute Fahrwerk sorgen für hervorragende Stabilität und ein unglaublich sicheres Fahrgefühl.
Einziger Punkt den man noch erwähnen kann ist, das die Traktionskontrolle recht grobschlächtig ist. Das ist jetzt nicht mal zu negativ gemeint. Sie läßt schon immer ordentlich Schlupf an der Hinterachse zu, bevor sie eingreift. Somit ist immer Wachsamkeit im Umgang mit dem Gasfuß geboten. Selbst im sogenannten Wetter Modus geht es nicht ohne Querfahren. Am Anfang ist das etwas befremdlich. Hat man sich daran gewöhnt, macht es Spaß und stellt auch kein Problem dar.
Ein weiterer positiver Punkt für den Winter. Der Motor ist Groß, der Innenraum klein. Nach 1,5km Fahrstrecke ströhmt warme Luft in den Innenraum – auch bei -10°C Außentemperatur. Hier will ich auch gleich einen Negativ Punkt erwähnen. Ja, das Auto hat eine Sitzheizung. Diese ist jedoch weitesgehend unbrauchbar. Hier liegt ein GM Designfehler vor. Die Sitzheizung wird warm, jedoch erst nach ca. 10 Minuten Betriebszeit. Man könnte dies jetzt bemängeln und reklamieren. Es ist jedoch fraglich, ob neue Sitze Besserung schaffen. Wenn man Pech hat, haben die das selbe Problem. Man kann hierzu allumfänglich in amerikanischen und auch deutschen Foren Informationen finden. Unterm Strich sollte man einfach damit leben.
Damit sollte die Frage nach der Wintertauglichkeit einer Corvette beantwortet sein. Es funktioniert, es funktioniert sogar ausgesprochen gut.
Natürlich ist, trotz aller positiver Wintereigenschaften, eine Corvette am besten bei schönem Wetter zu bewegen. Hier macht es richtig Spaß, egal ob mit oder ohne Dach.
Die Corvette ist schon ein echter Kurvenräuber. Direkte Linkung, relativ geringes Gewicht. Das macht einfach richtig Spaß. Und das alles mit Blattfedern. Ja, die Corvette hat auch in der 7. Generation Blattfedern verbaut, jedoch gepaart mit adaptiven Dämpfern. Eine Fahrwerkskonzept welches wirklich sehr gut funktioniert. Für mich erstaunlich ist, wie komfortabel das alles im Tour Modus ist. Stellt man den Fahrmodus auf Sport oder Track dann bleibt nicht mehr allzu viel Komfort übrig. Jedoch ist das Fahrwerk dann auch nicht übertrieben hart. Für mich gefühlt wirklich sehr nah an der Perfektion.
Dazu dieses Motor.
V8, 6 Liter Hubraum, Saugmotor, eine Zentrale Nockenwelle, Pushrods. Ein Motorengrundkonzept aus den 50er Jahren. Aber es funktioniert. Und wie. Es kommt ein für die heutige Zeit eher ungewöhnlich, extrem direktes Fahrgefühl auf. In Zeiten von Turbomotoren mit allerlei Schnickschnack ist man es nicht gewohnt, das der beherzte Tritt auf’s Gaspedal durchaus eine 1:1 Reaktion des Motors hervorbringen kann. Göttlich ist zusätzlich das dabei entstehende Ansauggeräusch durch die faustgroße Drosselklappe. Ein strömungsgünstiger offener Luftfilter kann an dieser Stelle für noch mehr Erheiterung sorgen.
Was vorne großartig klingt und arbeitet, sollte dies hinten auch tun. Deshalb verbaut Chevrolet eine durchaus ansprechende Abgasanlage an der Corvette. Eine Downpipe mit 2 großen geregelten Katylysatoren, eine X Pipe mit zwei ungeregelten Katalysatoren und zur Schalldämpfung gibt es, neben den Katalysatoren, nur zwei große Endschalldämpfer mit Klappensteuerung.
Allerdings wurde hier ein etwas seltsames Strömungslayout gewählt.
Die zwei Klappen mit dem roten Pfeil dienen nur der Querschnittsverengung der Abgasanlage im 4 Zylinder Eco Betrieb. Die haben mit dem normalen Betrieb nichts zu tun und sind immer offen. Interessant sind die Klappen mit dem grünen Pfeil. Sind diese offen ist es laut, sind diese geschlossen ist es leise. Sind sie offen ist quasi Durchzug angesagt. Sind sie geschlossen, werden die Abgase zu den innerern beiden Endrohren durch die Schalldämmung gezwungen.
Im realen Leben bedeutet das, das die Corvette zwar 4 Endrohre hat. Aber es sind eigentlich immer nur zwei in Betrieb. Beim Kaltstart kann man das schön sehen. Ist die Akkustikwahl des Fahrers auf leise, qualmen die beiden inneren Endrohre. Ist die Wahl auf laut, dann qualmen die äußeren Endrohre. Alle 4 sind mit der Serienanlage kaum möglich.
Dadurch kommt es auch dazu, das bei den meisten Corvetten nur die äußeren zwei Endrohre verrußt sind, wärend die zwei inneren Endrohre noch wie neu glänzen. Wieso man das so baut – ich weis es nicht. Ganz logisch erscheint es mir nicht. Und wenn man dann noch „Fuse 42“ mit ins Spiel bringt, dann kann man von den inneren Endrohren wahrscheinlich sogar essen.
Trotz allem. Die Corvette klingt göttlich. Im Stand ist so eine Corvette regelrecht unauffällig. Vielleicht sogar ein wenig zu zurückhaltend. Bis 3000 U/min ist sie durchaus zahm, darüber wird es richtig laut.
Um noch einmal kurz zum Winter zu schwenken. Einen positiven Effekt hat der Winter. Und das sind die Kaltstarts der Corvette.
Gut. 20.000 Kilometer mit einer Corvette C7. Was gibt es dazu generell noch zu sagen.
Es funktioniert alles wie am ersten Tag. An der Verarbeitung des Autos gibt es auch jetzt nichts auszusetzen. Es klappert nichts. Es passt alles. Auch technisch hat das Auto keine „Gebrechen“. Es gab auch keinen Ausfall oder irgend ein Problem.
Es ist einfach ein absolut tolles Auto, was es auch nach einem Jahr und 20.000km problemlos schaft, jeden Tag auf’s neue zu begeistern. Es ist immer eine Freude einzusteigen, den Motor zu starten und zu fahren. Ich möchte sogar soweit gehen, das es bisher noch kein Auto geschaft hat, auch nach einem Jahr noch so zu begeistern.
Würde ich mir wieder eine Corvette kaufen? Auf jeden Fall. Keine Frage. Wenn es jetzt um ein neues Auto als Ersatz ginge käme nur wieder eine Corvette in Frage. Ob das in Zukunft so bleibt weis ich nicht. Aber aktuell kann ich das so zu 100% sagen.
Würde ich an der Konfiguration des Autos etwas ändern? Ja, ich denke schon. Da ich nun doch bekennender Frischluft Fahrer bin, würde ich wahrscheinlich beim nächsten Auto auf jeden Fall zum Cabrio greifen. Man kann zwar beim Corvette Coupé das Dach auch entfernen. Jedoch ist es zum einen doch umständlicher als das Cabrio Verdeck zu öffnen. Der viel wichtigere Punkt ist aber, das es aufgrund der Form und der feststehenden hinteren Dachhälfte zu starken Verwirbelungen und somit zu doch nicht unerheblicher Geräuschentwicklung kommt.
Das heißt im Klartext, das es etwas mehr zieht als im Cabrio. Aber vor allem ist es, im Verhältnis, sehr laut. Vor allem wenn man dann doch mal mit >100km/h unterwegs ist.
Also für mich ganz klar, und ich kann es nur jedem Frischluft Fan nahelegen. Wer gerne offen fährt, sollte das Cabrio nehmen. Das Coupé mit dem Targa Dach ist hier allenfalls als Kompromiss anzusehen.
Sonst passt alles bei dem Auto. Ich würde es, eben als Cabrio, sofort genau so wieder nehmen.
Aber diese Frage stellt sich noch nicht. Jetzt werden erst einmal die nächsten 20.000km in Angriff genommen.